Gelohnt hat sich dieser Krieg nur für die US-Rüstungsindustrie, und die Bundeswehr war in Afghanistan als Vasall des Imperiums der Barbarei – Jürgen Rose, Oberstleutnant a. D. der Bundeswehr, spart nicht mit deutlichen Worten, wenn es darum geht, eine Bilanz des Einsatzes zu ziehen.
Jürgen Rose, Oberstleutnant a. D., ist ein ungewöhnlicher deutscher Soldat – er war schon während seiner aktiven Zeit in der Friedensbewegung tätig und hat den Einsatz in Afghanistan von Anfang an öffentlich kritisiert. Seine Weigerung, sich an der Vorbereitung von Tornado-Flügen in Afghanistan zu beteiligen, sorgte 2007 für beträchtlichen Aufruhr, weil sie die Rechtmäßigkeit dieses Einsatzes für die Öffentlichkeit deutlich in Frage stellte.
Rose ist Mitglied im "Darmstädter Signal", einer Vereinigung kritischer Bundeswehrangehöriger, die im Jahr 1983 – aus den Protesten gegen den NATO-Doppelbeschluss hervorgehend – gegründet wurde. Bis heute ist er eine der wenigen bekannten kritischen Stimmen aus der Bundeswehr. RT DE befragte ihn nach seiner Bewertung der jüngsten Ereignisse in Afghanistan.
RT DE: Sie verweigerten als erster Soldat aus Gewissensgründen die Beteiligung am Einsatz in Afghanistan. Fühlen Sie sich durch die aktuellen Ereignisse in Afghanistan in Ihrer Entscheidung aus dem Jahr 2007 bestätigt?
Jürgen Rose: Mehr als das. Es war ja schon so, dass ich im Jahr 2001 auf einer großen Friedensdemonstration vor Tausenden von Teilnehmern und Teilnehmerinnen in Stuttgart meine Meinung zu dem damals beabsichtigten Angriffskrieg in Afghanistan kundgetan hatte und damals schon gesagt hatte, dieses sei nicht mein Krieg, an dem ich mich beteiligen würde.
Im Jahr 2007 war es dann konkret so, dass ich den Auftrag bekommen hatte, einen Befehl zu erstellen – für die Unterstützung des Einsatzes von Tornado-Flugzeugen in Afghanistan. Da ging es um die Treibstoffversorgung, und für mich markierte das eben den Punkt, wo der zunächst stattfindende Stabilisierungseinsatz, der ja auch von der UNO mandatiert worden war, umschlug in offene Kriegführung.
Denn diese deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeuge dienten ja dazu, die Ziele zu identifizieren, die dann die alliierten Jagdbomber bombardieren sollten, also bekämpfen sollten. Das war für mich das Zeichen, wo ich gesagt habe: Nein, einen Krieg in Afghanistan unterstütze ich nicht.
Es gab auf der einen Seite das Mandat für die International Security Assistance Forces, für die ISAF, das war sozusagen rechtskonform, da hätte ich kaum Möglichkeiten gehabt zu sagen, das tue ich nicht, da wirke ich nicht mit. Aber parallel dazu lief ja noch der Privatkrieg von Herrn George W. Bush aus dem Jahr 2001, unter der Bezeichnung "Operation Enduring Freedom", der sogenannte Global War on Terror.
Und der war nun krass völkerrechtswidrig, durch kein Mandat der UNO gedeckt und natürlich auch nicht durch das deutsche Grundgesetz. Und jetzt war es aber so – diese Tornado-Kampfflugzeuge, die sollten ganz explizit, so stand es im Mandat, auch diese Operation Enduring Freedom unterstützen.
Und das war, wie gesagt, aus meiner Sicht völkerrechtswidrig, verfassungswidrig, und es war einem deutschen Soldaten im Grunde gar nicht erlaubt, an sowas mitzuwirken. Das war der Hintergrund dieser Entscheidung. Es war also nicht so, dass ich selber hätte in Afghanistan kämpfen sollen, sondern ich sollte den Krieg in Afghanistan konkret durch eigenes aktives Zutun unterstützen. Und da hatte ich mich damals geweigert.
Angesichts dessen, was sich jetzt in Afghanistan vollzieht, fühle ich mich in meiner Prognose, die ich schon vor zwanzig Jahren gestellt hatte, dass das niemals zum Erfolg würde führen können, mehr als bestätigt.
Fast 20 Jahre war die Bundeswehr in Afghanistan. Hat sich der Einsatz gelohnt?
Es mutet ein wenig merkwürdig an, denn für wen sollte sich da was gelohnt haben? Wenn man sich das anguckt, allein aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland – wir haben 12,2 Milliarden Euro aufgewandt für diesen Kriegseinsatz der Bundeswehr dort, es sind 59 deutsche Soldaten gestorben, Hunderte oder Tausende sind an Körper und Seele verwundet worden, von den afghanischen Opfern, die in die Hunderttausende gehen, ganz zu schweigen.
Gelohnt hat sich dieser Krieg vielleicht für einige Warlords und Opiumbauern, und vor allen Dingen natürlich für die US-Rüstungskonzerne, die Abermilliarden von Dollars verdient haben mit der Produktion von Waffen, mit dem Einsatz von Waffen, für die hat sich das alles gelohnt. Für die beteiligten Menschen dort hat sich das mit Sicherheit nicht gelohnt, dieser Einsatz.
https://youtu.be/noGe7P8H48s