Nach eigener Aussage geht es dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan mit der militärischen Offensive im Nordosten Syriens darum, gegen "Terroristen" vorzugehen und eine "Sicherheitszone" für die Rückkehr von Millionen syrischer Flüchtlinge zu schaffen.
Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump angekündigt, die verbliebenen US-Truppen aus dem entsprechenden Gebiet abzuziehen und damit einen Schritt zu tun, um "die endlosen Kriege" zu beenden. Jetzt werfen die EU und auch weite Teile des politischen US-Establishments Trump "Verrat" an den Kurden vor. Doch es ist nicht Trump, der die Kurden verriet. Der Verrat liegt im internationalen Stellvertreterkrieg selbst begründet, für dessen Ziele die Kurden lediglich benutzt wurden.
Die US-Koalition bediente sich bei ihrem Wunsch eines Regime-Change in Syrien und dem vermeintlichen Kampf gegen den IS auch der sogenannten "Freien Syrischen Armee", eine Ansammlung radikaler Milizen. Jetzt kämpft diese als "Syrische Nationale Armee" (SNA) an der Seite der türkischen Armee gegen die Kurden. Die jetzt empört beklagte Entwicklung wurde von der transatlantischen Gemeinschaft in erster Linie selbst geschaffen.
Der türkischen Regierung wiederum wird ein Bruch des Völkerrechts vorgeworfen. Erdoğan beruft sich beim militärischen Vorgehen in Nordostsyrien auf das "Recht zur Selbstverteidigung", also den Artikel 51 der UN-Charta. Auf diesen beruft sich auch die US-Koalition bei ihrem Einsatz in Syrien. Insgesamt eine sehr dürftige Argumentationsbasis, um den türkischen Einsatz in Syrien glaubwürdig zu verurteilen.
Gleichzeitig deutet Einiges darauf hin, dass es Syrien, die Türkei, der Iran und Russland nicht zu einer unkontrollierbaren Eskalation der Gewalt in Syrien kommen lassen werden. Vielmehr könnte nach dem Abzug der US-Truppen die territoriale Integrität Syriens durch eine Einigung zwischen den Astana-Verhandlungspartnern wieder vollständig hergestellt werden.